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17. November 2002 von Heink

Indianer
Lynton Gardiner, David H. Murdoch

Wie leben denn wir "wirklich" ?

Zum Thema Indianer, dem Evergreen im europäischen Kinderzimmer, hat die Gerstenberg Druck GmbH eine Übersetzung eines englisch-amerikanischen Werkes mit dem Originaltitel "North American Indian" vorgelegt. Auf 64 reich bebilderten Seiten möchte man darstellen, wie die Ureinwohner Nordamerikas "wirklich gelebt haben" (Klappentext).

Gezeigt werden vorzügliche Fotografien von Exponaten US-amerikanischer Museen, alte Stiche, Zeichnungen und Gemälde-meist verkleinert- sowie gelegentlich neue Grafiken zur geografischen Erläuterung begleitet von kurzen Texten, die knapp zusammengefaßt Zusammenhänge und Bilderläuterungen geben. Dabei wird auf jeder Doppelseite ein neues Thema angeschlagen. Die Gliederung ist geographisch-ethnologisch, soll heißen, am Beispiel einzelner, dem Europäer mehr oder weniger bekannter Stämme wird die Lebensweise der Indianer einer geographisch definierten Zone etwa Prärie oder Arktis illustriert.

Der Klappentext spricht das Bedürfnis nach Authentizität an, man möchte sich und erst recht seinen Kindern einen echten Eindruck vom Dasein der uramerikanischen Völker verschaffen. Hier kommt dem Band zugute, daß Bilder nunmal mehr sagen als tausend Worte. Die Abbildung eines Pferdes auf einem indianischen Gegenstand, die Verwendung von Glasperlen oder Eisenteilen zeigen, daß das Stück unter dem kulturellen Einfluß der Europäer hergestellt wurde. Im Text wird diese Trennschärfe nicht erreicht. Nur in kurzen Wendungen wird gelegentlich angedeutet, daß dieser oder jener Anteil am Dargestellten vor dem Kontakt mit den "Weißen" anders ausgesehen hat.

Für den europäischen Leser, zumal für Kinder wäre eine Gliederung weniger nach der Geographie als mehr nach den Themen des täglichen Lebens sinnvoller gewesen. Die Autoren sind auch dem häufigen Fehler erlegen, aus einer Zuneigung zu den einst sogenannten "edlen Wilden" mehr deren Fertigkeiten zu betonen als ihren ebenfalls eindrucksvollen technologischen aber auch sozialen Rückstand zu den Europäern darzustellen. Ob damit gegenüber Karl May ein höherer Stand an Einsicht erreicht wird, kann bezweifelt werden.

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